Dürener Nachrichten, September 1990
Vortrag, Performance und Kunst gegen GentechnikZweitägige Veranstaltung im "Komm"-ZentrumDüren: - Die Probleme der Gentechnik beherrschten zwei Tage lang das Dürener "Komm"-Zentrum. Die Verantwortlichen hatten dazu Künstler und Referenten hierher geholt, die das Projekt Genopoly mit ihren Aktivitäten unterstützen. Genopoly enthält Veranstaltungen, eine Ausstellung, Vorträge und Filme, mit denen auf die Gefahren der Gen- und Reproduktionstechnik hingewiesen werden soll. Organisiert wurde dieses Wanderprojekt von der Gen-Arbeitsgemeinschaft des Gesundheitsladens Köln und einer Struktur-Arbeitsgemeinschaft des sozialmedizinisch-ambulanten Projektes Köln. Einzelne Bürger und Bürgerinnen und verschiedene Initiativen beteiligen sich daran. Die Teile der Ausstellung, die in Düren noch bis nächste Woche zu sehen sind, zeigen Arbeiten von namhaften internationalen und deutschen Künstlern, die sich in ihren Bildern, Objekten und Collagen dem Thema auf unterschiedliche künstlerische Art näherten. In Köln wurde im Mai mit der ersten Station der Veranstaltungsreihe begonnen und wegen der begrenzten räumlichen Möglichkeiten in Düren wurden hier nur Teile der Ausstellung und der Performance gezeigt. Dennoch konnten Interessenten einen guten Einblick bekommen und sich vor allem in verschiedenen Diskussionen, die Vorträgen folgten, umfassend informieren. Leider scheint das Thema Gentechnik etwas aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit geraten zu sein, sagte Margret Asselhoven, eine der Mitarbeiterinnen im "Komm"-Zentrum. Auch in Köln fand Genopoly nicht die Resonanz, die der Tragweite von Gcntechnik angemessen wäre. Daß gentechnische Forschung und die damit verbundenen Gefahren und Risiken im Bewußtsein der Bürger bleiben, ist ein Ziel, das sich das Projekt setzte. Den meisten Besuchern im "Komm"-Zentrum war nicht bekannt, daß auch in unserer Region in verschiedenen Forschungseinrichtungen an Genen, den Lebensbausteinen, experimentiert wird. Eine abwechslungsreiche Mischung aus Vorträgen und Informationen, Kabarett, Filmvorführungen und Aktionen ermöglichte es, sich dem Thema auch mit den Sinnen zu nähern. Eine Bonner Frauengruppe gegen Gen- und Reproduktionstechnologie etwa beleuchtete am Samstag die Gefahren dieser Technik in Bezug auf die Bevölkerungspolitik und kritisierte die sogenannte Neue Ethik und die fortgeschrittene vorgeburtliche Diagnostik. Sie sehen dabei die Gefahr, daß Frauen immer weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, wenn sie nicht ausschließen wollen, ein behindertes Kind auf die Welt zu bringen. In der Folge, so sagten sie, könnten Behinderte noch weniger Hilfen und Unterstützung erfahren als bisher. Vehement wehrten sie sich gegen neue ethische Vorstellungen, wonach bereits geborene Kinder noch getötet werden dürfen, wenn sie nicht ganz einer gewünschten Norm entsprechen. Eine Performance der Kölnerin Ingrid Eickelmann bezog sich auf das Klonen, eine Technik, mit der man gleiche Pflanzen, Tiere und möglicherweise auch Menschen "produzieren" kann, die genetisch absolut identisch sind und denen gewünschte Verhaltensweisen und Eigenschaften angezüchtet wurden. Ohne Worte, immer mit menschlichen Herztönen einer klinischen Maschine im Hintergrund, reproduzierte sie sich selbst. Sie zeichnete sich und eine Frau aus dem Publikum auf Spiegel und Papier, schnitt mit großen Messern und Scheren Teile aus den Silhouetten und setzte einen neuen Menschen zusammen. Geldgeklapper untermalte jeden ihrer Schritte. Die Botschaft war eindringlich und klar. Mit Geld, sprich Macht, ist alles möglich. Und das Mögliche wird mit Gewalt und ohne Rücksicht und Skrupel durchgesetzt. |